Gedenkstätte Wilhelmshöhe
Vom Kriegerdenkmal zum Mahnmal für Völkerverständigung
Von Dr. Petrus Bockemühl
Im Ortsteil Metzkausen im Bereich Kibbenheide, wenige Schritte südlich der Hasseler Straße, erhebt sich die „Wilhelmshöhe“. Dort ist eine Gedenkstätte (Podest und Stele) angelegt, die früher allgemein als „Kriegerdenkmal“ bezeichnet wurde; auch heute ist diese Bezeichnung gelegentlich noch zu lesen. Wie auf einer Informationstafel des Bürgervereins Metzkausen erläutert, wird die Anlage heutzutage als Erinnerungsstätte für die Gefallenen und Opfer des Krieges 1870/71 und der beiden Weltkriege sowie als Mahnung zur Versöhnung und Völkerverständigung verstanden. Unter diesem Motto stehen auch die Gedenkveranstaltungen, die anlässlich des Volkstrauertages dort stattfinden. Doch dies war nicht immer so. Wer die Entstehungsgeschichte und die Frühzeit des Kriegerdenkmals Wilhelmshöhe erkundet, der stößt auf einen Geist, der mehr mit Militarismus und deutscher Überheblichkeit zu tun hatte als mit Versöhnung und Völkerverständigung. Zugleich erschließt dieses Thema eine Reihe von interessanten Verbindungen zu heimatgeschichtlichen Vorgängen und zeitgeschichtlichen Ereignissen.
Der Name Wilhelmshöhe leitet sich her von dem preußischen König Wilhelm I., der ab 1871 gleichzeitig auch deutscher Kaiser war („der mit dem Bart“). Unter seiner Herrschaft und seinem Oberbefehl führte Preußen 1870/71 zusammen mit anderen verbündeten deutschen Staaten den siegreichen Krieg gegen Frankreich. Im Anschluss an diesen Krieg wurde das Kriegerdenkmal als Gemeinschaftsprojekt der Bürgermeistereien Hubbelrath und Mettmann auf der Kibbenheide errichtet. Der Krieg war ausgebrochen aufgrund einer gezielten Provokation des preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck.
Schon seit Jahrhunderten betrachteten sich die Franzosen und die meisten Staaten Deutschlands, vor allem Preußen, als „Erbfeinde“ und hatten zahlreiche Kriege gegeneinander geführt. Bismarck erhoffte sich von einem neuerlichen Krieg, dass die anderen deutschen Staaten sich Preußen anschließen würden und der gemeinsame Waffengang gegen den Erbfeind eine Einigung Deutschlands unter Führung Preußens befördern würde. Die Gelegenheit für eine Provokation Frankreichs kam, als König Wilhelm I. im Juli 1870 auf der Kurpromenade von Bad Ems mit dem französischen Botschafter Graf Benedetti ein kurzes politisches Gespräch geführt hatte. Den Bericht hierüber („Emser Depesche“) änderte Bismarck so ab, dass der Eindruck entstand, der König habe den Botschafter in undiplomatischer Form brüskiert. Bismarck spekulierte darauf, dass nationalistische Kräfte in Frankreich dies nicht hinnehmen und den französischen Kaiser Napoleon III. zu einer Kriegserklärung drängen würden. Bismarcks Rechnung ging auf, denn genauso kam es. Der Krieg, der auf diese absurde Weise vom Zaun gebrochen wurde, sollte auf deutscher Seite fast 45000 und auf französischer Seite fast 140000 Todesopfer fordern.
Aber die Kriegsbegeisterung in der deutschen Bevölkerung war riesengroß, auch in Mettmann. Wenn Nachrichten über Siege der deutschen Truppen hier eintrafen, kam es zu patriotischen Kundgebungen in der Öffentlichkeit. So berichtete das Mettmanner Kreisblatt am 7. September 1870 – nach dem Sieg in der Schlacht von Sedan – über „unbeschreiblichen Jubel“ in der Stadt, Glockengeläut und Böllerschüsse. Am Abend zog ein Fackelzug durch die Straßen, an dem sich „sämtliche Vereine und auch die Landbevölkerung in sehr großer Zahl betheiligten“. Vor dem Rathaus „feierte Bürgermeister Koennecke in begeisterter Rede die großen Dinge, die großen Thaten und die siegreichen Erfolge, welche unser greiser Heldenkönig – gemeint war der 73-jährige Wilhelm I. − mit seiner unvergleichlichen deutschen Armee errungen“. Die Menge begleitete die Rede „in heller Begeisterung in ausgebrachten Hochs“. Schulkinder zogen mit Fahnen durch die Stadt und sangen die „Wacht am Rhein“. Als die deutschen Truppen vor Paris standen, wurde im Dezember 1870 ein Komitee der Mettmanner Vereine gebildet, das die bevorstehenden Siegesfeiern im Einzelnen organisierte. Das Mettmanner Kreisblatt veröffentlichte am 10. Dezember 1870 das Programm: Glockengeläut, 25 Kanonenschüsse, Fackelzug mit Musikchor, Schulkindern und zehn Vereinen, Anstimmen der Hymne „Heil dir im Siegerkranz“ vor dem Haus des Landrats, vor dem Rathaus schließlich der Choral „Nun danket alle Gott“ und „Die Wacht am Rhein“.
Dies war der Geist, in dem im Sommer 1871 – nach dem Sieg über Frankreich und dem Friedensschluss – in Hubbelrath beschlossen wurde, auf der Kibbenheide ein Kriegerdenkmal – auch für die Mettmanner Kriegsteilnehmer – zu errichten. Der preußische König wurde um Erlaubnis gebeten, dass die Anhöhe „Wilhelmshöhe“ genannt werden dürfe. Ein Geheimer Kabinettsrat setzte „im Allerhöchsten Auftrage die Unterzeichner der Immediat-Eingabe“ von der Genehmigung in Kenntnis und schrieb weiter: „ … kann ich es mir nicht versagen hinzuzufügen, daß seine Majestät über das brave und tapfere Verhalten von Mettmanns Söhnen, welche während des letzten Krieges in`s Feld gezogen, sich besonders anerkennend zu äußern geruht haben.“ Das Denkmal wurde am 2. September 1872 – genau zwei Jahre nach der Schlacht von Sedan – feierlich enthüllt. Die Stele enthält eine Inschrift, die den damals herrschenden patriotischen Geist erkennen lässt: „Unserm siegreichen Könige dem deutschen Kaiser Wilhelm I und unserm tapfern Heere zur Erinnerung an die ruhmvolle Vertheidigung unseres Vaterlandes gegen die Franzosen in den Jahren 1870/71 in Dankbarkeit gewidmet und errichtet von patriotischen Bewohnern der Bürgermeistereien Mettmann und Hubbelrath 1872“. Auf der Stele sind die Namen von 23 Gefallenen des Krieges 1870/71 verzeichnet, 16 aus Mettmann und 7 aus Hubbelrath. Schließlich sind die Namen von sechs Orten eingraviert, an denen im Krieg wichtige, für Preußen siegreiche Schlachten ausgefochten wurden.
Im Jahr 1895 feierte Deutschland das 25-Jahres-Jubiläum der entscheidenden Schlacht im Krieg 1870/71, der Schlacht von Sedan. Aus diesem Anlass brachte die Mettmanner Zeitung am 2. September 1895 eine mehrseitige Sonderausgabe heraus. In dieser Sonderausgabe wird zwar das Kriegerdenkmal auf der Wilhelmshöhe nicht ausdrücklich thematisiert, doch es wird sehr deutlich, in welchem Geist man zu dieser Zeit auf den Krieg zurückblickte und wie man folglich damals auch ein Kriegerdenkmal verstand. Die Sonderausgabe beginnt mit einem Gedicht von Emanuel Geibel aus dem Jahr 1870. Die zweite Strophe lautet:
„Es zog von Westen der Unhold aus,
sein Reich zu festen in Sturm und Graus.
Mit allen Mächten der Höll` im Bund
Die Welt zu knechten, das schwur sein Mund.
Furchtbar dräute der Erbfeind.“
Heute fragt man sich unwillkürlich, wie diese Verse zu den Vorgängen um die „Emser Depesche“ passen. Drei Strophen später jubelt der Dichter dann:
„Da hub die Wage des Weltgerichts
Am dritten Tage der Herr des Lichts
Und warf den Drachen vom güld`nen Stuhl
Mit Donnerkrachen hinab zum Pfuhl.
Ehre sei Gott in der Höhe!“
Darüber hinaus enthält die Zeitung eine Vielzahl der Parolen, die man üblicherweise mit penetrantem deutsch-nationalem Pathos in Verbindung bringt: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein! Es braust ein Ruf wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall! Heil Dir im Siegerkranz! Heil Kaiser Dir! Ans Vaterland, ans teure schließ dich an! Deutschland, Deutschland über alles!“ Kronprinz Friedrich, der 99-Tage-Kaiser des Jahres 1888, der im Krieg 1870/71 eine wichtige Rolle als Heerführer gespielt hatte, wird hier „Friedrich der Edle“ genannt – eine Bezeichnung, die bei seriösen Historikern sonst nicht zu finden ist.
Besonders peinlich wirken heute die Passagen, in denen der militärische Sieg in der Schlacht auf das Eingreifen Gottes zurückgeführt wird: “Gott war mit uns, ihm allein die Ehre! Nun danket alle Gott!“
Den größten Teil der Sonderausgabe der Mettmanner Zeitung nimmt eine heroische, bis in kleine Einzelheiten gehende Beschreibung der Schlacht von Sedan ein. Die meisten dieser Einzelheiten sind für den heutigen Leser weniger interessant. Nur eine Begebenheit sei hier wiedergegeben: Der französische Kaiser Napoleon III., der mit seinen Truppen in Sedan eingeschlossen war, versuchte, sich als Bauer verkleidet aus dem Staub zu machen. Dieser Versuch missglückte, und Napoleon sah sich gezwungen, sich in einem persönlichen Brief an den preußischen König Wilhelm zu ergeben. In diesem Brief kleidete er den missglückten Fluchtversuch in die Worte: „Da es mir nicht vergönnt ist, an der Spitze meiner Armee zu sterben …“ In seiner Antwort wählte König Wilhelm die Anrede „Mein Herr Bruder!“ und als Gruß: „Ich bin Ew. Majestät guter Bruder, Wilhelm“. Anschließend brachte er den französischen Verwandten bis zum Ende des Krieges in einem Schloss in Kassel standesgemäß unter.
1898 wurde auf die Stele des Kriegerdenkmals eine bronzene Büste des (1888 verstorbenen) „Heldenkaisers“ Wilhelm I. aufgesetzt. Die Finanzierung war durch eine Spendensammlung ermöglicht worden. Über die feierliche Enthüllung am 11. Juni berichtete die Düsseldorfer Zeitung ausführlich am 16. Juni 1898: Die Büste „in doppelter Lebensgröße“ sei „in tadelloser Weise hergestellt und zweifellos als ein Kunstwerk zu bezeichnen“. Bürgermeister Fricke (Hubbelrath) hielt eine patriotische „Enthüllungsrede“, der Vorsitzende des Veteranenvereins ehrte die „gefallenen Kameraden in schlichter, darum aber umso ergreifenderen Weise“. Anschließend zog die Versammlung in ein Festzelt und wurde mit Musik, Kindergesang und weiteren patriotischen Ansprachen traktiert. In diesem Zeitungsbericht wurde sogar das Sitzfleisch der Zecher patriotisch überhöht, und zwar mit der Formulierung: „ … und haben die Festteilnehmer nach alter deutscher Sitte fest und lange gesessen.“ Der Bericht schließt mit einem Beispiel schleimiger Hofberichterstattung: „Dass die Enthüllung gerade an dem Tage stattgefunden hat, an welchem weiland Se. Majestät Kaiser Wilhelm I. vor 69 Jahren zur Ehe geschritten ist, mag als ein besonderes Merkzeichen gelten.“
Die bronzene Büste des „Heldenkaisers“ ist dem Denkmal irgendwann im Lauf der folgenden Jahrzehnte abbanden gekommen, vermutlich in der Schmelze einer deutschen Rüstungsfabrik.
Mit dem 2. Weltkrieg war die Zeit vorbei für Hymnen auf glorreiche Siege und für säbelklirrenden Patriotismus. Nun verbanden sich mit der Erinnerung an zurückliegende Kriege andere Gedanken. Sie kommen zum Ausdruck in der Inschrift, die auf der Vorderseite des Denkmals angebracht wurde:
DEN TOTEN DER KRIEGE UND DEN OPFERN VON TERROR UND GEWALT ZUM GEDÄCHTNIS DER NACHWELT UND DEN LEBENDEN ZUR MAHNUNG
Aus den „Erbfeinden“, die so viele Kriege gegeneinander geführt hatten, sind verbündete und schließlich befreundete Nationen geworden. Der Geist, der ursprünglich über der Gedenkstätte Wilhelmshöhe lag, ist uns heute fremd. Das ist ein echter Fortschritt, der früher unvorstellbar erschien. Aber es ist auch interessant und wichtig, die Vergangenheit gelegentlich in Erinnerung zu rufen.
Danksagung:
Die Anregung zu diesem Artikel verdanke ich unserem Heimatfreund Hermann Josef Hannewald. Er hat auch die zitierten Dokumente im Stadtarchiv recherchiert und mir Kopien zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank!
Pünktlich zum 11. November hat der Bürgerverein Metzkausen die Schwelle von 1111 Mitgliedern überschritten. Familie Erlmann meldete sich spontan während des Bürgerstammtischs im November an und wurde zum Jubiläumsmitglied. Insgesamt hat der Bürgerverein Metzkausen inzwischen sogar 1115 Mitglieder.
Diana und Marcel Erlmann sind in diesem Jahr von Mettmann West nach Metzkausen umgezogen. Mit ihren Kindern Cosma, Aurelian und Juna fühlen sie sich in der neuen Umgebung sehr wohl. „Wir haben hier die richtige Mischung aus viel Natur, gut erreichbaren Schulen und netten Nachbarn gefunden“, sagte Diana Erlmann.
Gregor Neumann, der 1. Vorsitzende des Bürgervereins Metzkausen, begrüßte die neuen Mitglieder mit einem herbstlich geschmückten Geschenkkorb und einer Überraschung für die Kinder. „Wir freuen uns über jedes neues Mitglied, aber so eine besondere Zahl an einem besonderen Datum muss besonders gefeiert werden“, sagte Gregor Neumann.
Der Bürgerverein organisiert zahlreiche Aktivitäten wie das jährliche Kinderfest und engagiert sich für die Belange der Einwohner. Neben dem monatlichen Bürgerstammtisch gehören die Beseitigung von Graffiti, die Pflege von Spielplätzen, der Einsatz für den Comberg-Park sowie der Erhalt des Denkmals Wilhelmshöhe zu den fortlaufenden Aufgaben.
Der Bürgerverein Metzkausen wächst seit vielen Jahren. Das 550. Mitglied konnte vor rund fünf Jahren im Juni 2013 begrüßt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgerverein Metzkausen e. V. die tun was!